Heil ohne Kirche möglich?

Im Wald zu Gott beten? Wenn man als Priester unterwegs ist und auch Menschen trifft, die nicht zu den eigenen Glaubensgenossen gehören, kommt es ja ebenfalls gelegentlich zu Gesprächen über religiöse und kirchliche Themen. Dabei bekommt man von Menschen, die sich zwar als Christen bezeichnen, aber kaum bis nicht praktizierend sind, ab und zu auch das Argument zu hören, man müsse ja nicht unbedingt in die Kirche gehen, um Gott zu finden, weil man ja zu Ihm z.B. auch bei einem Spaziergang im Wald beten könne.
Ein oder zweimal hat mich ein solches Gespräch auch insofern etwas erheitert, weil die betreffende Person unser Gespräch sogar sofort und von sich aus mit diesem Argument eröffnet hatte, also noch bevor überhaupt irgendetwas anderes gesagt werden konnte. Offensichtlich hatte mein Gesprächspartner da das dringende Bedürfnis, sich sofort zu rechtfertigen. Mit anderen Worten: er hatte wohl schlicht und ergreifend ein schlechtes Gewissen.
Mit einer solchen oder ähnlichen Argumentationsweise von mehr oder weniger lauen Christen (ob offiziell katholisch oder evangelisch) sind Sie, verehrte Leser, wohl auch schon konfrontiert worden. Auch in den Medien wird heute dieses Argument gern benutzt, um daraus die Schlussfolgerung auf die praktisch grundsätzliche Überflüssigkeit der Kirche als solcher zu ziehen, zumal ja die Hetze gegen die katholische Kirche nicht nur bei vielen Linken und Liberalen, sondern wegen dem enormen Einfluss der Medien bei nicht wenigen Schichten der Bevölkerung zum eingespielten Standardrepertoire bzw. zum geliebten “Hobby” gehört. Es bedürfe halt der Kirche mit all ihren Zeremonien und Messen nicht - der Mensch könne ja, wenn er wolle, genauso gut auch im Wald zu Gott beten.
Nun, man kann zweifelsohne auch bei einem Spaziergang im Wald seine Seele ehrlichen Herzens zu Gott erheben und Ihn wegen Seiner Liebe, Güte, Barmherzigkeit und u.a. auch wegen Seiner wunderbaren Schöpfungswerke lieben und lobpreisen. Und auch die frommen und kirchenliebenden katholischen Christen tun dies gern. Wer hat da jemals ernsthaft behauptet, man könne im Wald nicht zu Gott beten? (Wer dagegen kaum betet bzw. das Beten mehr oder weniger verlernt hat, der wird wohl kaum ausgerechnet im Wald [wieder] damit beginnen!) Die Frage, ob man im Wald beten kann oder nicht, ist letztendlich doch nicht die entscheidende Frage in diesem ganzen Zusammenhang. Eigentlich geht es hier nicht darum.
Die viel wichtigere Frage, die darüber hinaus noch unbedingt gestellt werden muss, ist, ob man denn grundsätzlich ohne die (natürlich katholische!) Kirche als die Heilseinrichtung Jesu Christi überhaupt den Willen Gottes erkennen und eben auch erfahren kann, wie Sein genauer Wille für mich lautet. Zwar kann man, wie gesagt, sehr wohl im Wald zu Gott beten, nur erlangen wir Kenntnis von den einzelnen Glaubensinhalten und den sittlichen Forderungen Jesu Christi letztendlich doch nur mittels der Missionstätigkeit der katholischen Kirche!
Jedes Kind, das bereits in jungen Jahren im Glauben erzogen und angeleitet wird, erhält seine erste Glaubensunterweisung eben nicht irgendwo beim einsamen Spazieren im Wald, sondern in der Regel von seinen Eltern bzw. anderen Familienangehörigen. Auf diese grundsätzliche Weise des interpersonalen Gesprächs bzw. der mündlichen Unterweisung wurde ja auch uns allen erklärt, wie z.B. die Zehn Gebote Gottes lauten, was sie im einzelnen für uns bedeuten und wie wir diesen Willen Gottes in der jeweils konkreten Lebenssituation erfüllen können. Dabei haben auch wir damals, im Kindesalter, bei weitem noch nicht gewagt, etwa im Wald spazieren zu gehen (damit wir da etwa erleuchtet würden)!
Und hat uns beim besseren Verständnis des Glaubens und seiner einzelnen Inhalte nicht auch und besonders die Predigt katholischer Priester geholfen? Erfuhren wir aus solchen oder ähnlichen intensiven Glaubensunterweisungen nicht auch eine große Hilfe beim Erkennen des Willens Gottes? Waren und sind wir denn nicht auch diesem oder jenem guten Buch zutiefst dankbar, welches uns den Blick für das Begreifen dieser oder jener einzelnen Glaubenswahrheit geöffnet hat?
Und erst dann, wenn all das geschehen ist und wir sowohl im Glauben etwas herangereift als auch altersmäßig gewachsen sind, haben wir gelernt und verstanden, etwa auch bei einem Spaziergang im Wald unsere Seele im Gebet zu Gott zu erheben! Wenn also die Grundlagen unseres Glaubens in uns erst mittels der interpersonalen Katechese durch andere, besser bewanderte Menschen gelegt werden und wir erst dann etwa auch dazu befähigt werden, Gott auch im Wald zu finden, dann wird dadurch das Argument jener Leute entkräftet, die meinen, das Beten im Wald würde völlig ausreichen und man könne so auf die Kirche als solche getrost verzichten.
Man vergesse dabei bitte auf keinen Fall die entscheidende Wahrheit, dass es sehr wohl die Unterweisung der katholischen Kirche ist, die wir durch unsere katholischen Eltern, Großeltern und Priester erfahren und die in uns die Grundlagen des Glaubens gelegt haben! Wie klug und vernünftig wäre es denn, wenn man dann etwa nach der Art der eingangs erwähnten Personen behaupten wollte, man könne bei einem Gebäude grundsätzlich auf das Fundament und die unteren Stockwerke verzichten und sich nur mit den oberen Stockwerken begnügen? Man könnte da ironisch hinzufügen: gutes Gelingen bei diesem absurden Unternehmen!
Solchen lauen Christen, die der Auffassung sind, sie bräuchten keine Messe und keine Sakramente, sei auch in Erinnerung gerufen, dass es ja Jesus Christus selbst war, der sowohl diese Messe und diese Sakramente eingesetzt1 als auch die Kirche selbst ins Leben gerufen hat!2 Wenn Jesus also eindeutig z.B. die hl. Messe und das Beichtsakrament eingesetzt hat, wovon ja das Neue Testament unmissverständlich berichtet, mit welcher moralischen Legitimation kann man dann die Behauptung aufstellen, man könne problemlos auf die Messe, Beichte und die Kirche verzichten? Freut sich denn unsere Mutter auch, wenn wir etwa bei einem großen Familientreffen ihr mühsam zubereitetes Festtagsmahl einfach so ausschlagen und uns statt dessen in ihrer Gegenwart etwa mit trockenem Brot und einem Glas kalten Wassers begnügen wollten?
Ein echter Christ darf nicht willkürlich und nach rein subjektiven Kriterien aus den Worten Jesu nur das herauspicken, was ihm in seinen eigenen Kram passt. Entweder man bemüht sich ehrlichen Herzens, alle Worte Jesu ernst zu nehmen und zu beherzigen, und nimmt dann konsequenterweise auch die Kirche als eine von Ihm gestiftete Heilseinrichtung an oder man entfernt sich von der Wahrheit und Lehre Christi bzw. verachtet auch die katholische Kirche, in der Jesus mystischerweise fortlebt, und somit schlussendlich auch Ihn selbst!
In jedem Fall wird es ersichtlich, welche fundamentale Rolle die katholische Kirche zunächst einmal bei der Vermittlung des Wissens um den Glauben spielt. Denn hätte es die Kirche im Lauf der Jahrhunderte nicht gegeben und wäre man berechtigt, sie kategorisch abzulehnen, wüssten wir heute auch nichts über Jesus und Seine göttliche Liebe! Zwar könnten wir dann heute alle schön brav in den Wald gehen, aber wir wüssten dann u.a. auch nicht, dass man dort ebenfalls zu Gott beten könne - das wissen wir letztendlich ebenfalls dank der Predigt und Glaubensvermittlung der katholischen Kirche!
In der Bibel lesen? Oft vernimmt man heute auch das Argument (sehr oft auch und gerade seitens der Anhänger verschiedener protestantischer Konfessionen!), es würde ja schon reichen, wenn man in der Bibel bzw. in den Evangelien vom Leben und Wirken Jesu Christi lese und somit im Einzelnen auch erfahre, wie die sittliche Forderung Gottes an uns alle laute bzw. was wir in sittlicher Hinsicht tun und lassen sollen. Somit würde sich ja (auch aus diesem Grund) sowohl der Gang in die Kirche und die Teilnahme an den verschiedenen kirchlich-liturgischen Handlungen als auch die Notwendigkeit der Existenz der (katholischen) Kirche selbst grundsätzlich erübrigen. Zwar scheint dieses Argument auf den ersten Blick auch irgendwie plausibel zu sein, nur hakt es an einer entscheidender Stelle! Man muss sich da nämlich die wichtige Frage stellen, woher wir denn die Bibel bzw. das Neue Testament überhaupt haben. Ist denn dieses so genannte Buch der Bücher etwa in bereits fertiger Form vom Himmel auf die Erde herabgefallen? Keinesfalls! Jesus hat Seinen Aposteln und Jüngern den Auftrag erteilt, in die ganze Welt hinauszugehen und allen Menschen das Evangelium zu predigen und die Taufe zu spenden (vgl. Mt 28,19f). Und so wurde dann der Glaube zunächst ausschließlich in dieser mündlichen Form von Generation zu Generation weiter überliefert. Und erst im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte haben die Apostel bzw. teilweise auch deren Jünger einen Teil dieser (mündlichen) Predigt der Kirche in Schriftform gefasst. Bezeichnenderweise führt der hl. Apostel Johannes ganz am Ende seines Evangeliums zu diesem Thema eindrucksvoll an: “Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wollte man das im Einzelnen niederschreiben, so könnte, glaube ich, selbst die Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müsste” (Joh 21,25). Also hat Johannes (und sicher auch die anderen Apostel und Evangelisten) offensichtlich “noch vieles andere” erlebt, was er zwar nicht in seinem Evangelium sozusagen zu Papier gebracht hat, was aber wohl dennoch Inhalt seiner mündlichen Predigt an seine Zuhörer war!
Wenn also das schriftliche Evangelium nur einen Teil der Predigt Jesu Christi beinhaltet, dann wäre es ja richtig töricht und auch verkehrt, sich ausschließlich auf diesen Ausschnitt aus der Gesamtheit besinnen zu wollen und die von Jesus Christus gestiftete katholische Kirche abzulehnen, die in ihrer gesamten Tradition, zu der ja auch die mündliche Überlieferung aus den Zeiten der Apostel gehört, die Trägerin von viel umfassenderen Inhalten der Predigt Jesu Christi ist!
Zudem besteht das Neue Testament in der uns bekannten jetzigen Form erst seit dem Ende des vierten christlichen Jahrhunderts! Es war nämlich in der Zeit zuvor auch noch eine Reihe anderer einzelner so genannter “ Evangelien” und “Apostelischen Briefe” im Umlauf, die dann alle letzen Endes doch nicht Einlass in den Kanon der Heiligen Schriften gefunden haben, weil entweder deren Urheberschaft durch einen der Apostel (oder dessen Jünger) nicht sicher feststand oder/und deren Inhalte in irgendeiner Form nicht mit der von Jesus und den Aposteln her überlieferten Predigt der katholischen Kirche übereinstimmten. Und diese Entscheidung, welche der einzelnen Schriften vom Heiligen Geist inspiriert wurde und somit als kanonisch zu gelten hat, hat die katholische Kirche in der Gestalt ihres Lehramtes getroffen!
So heißt es dazu allein schon bei wikipedia: “Cyril von Jerusalem führt um die Mitte des 4. Jahrhunderts in Jerusalem in seinen katechetischen Vorträgen einen Kanon auf, der bis auf die Offenbarung des Johannes alle Bücher des Neuen Testaments enthält. Athanasius von Alexandria führt 367 im 39. Osterfestbrief alle Bücher des heutigen Neuen Testaments auf, weicht im Alten Testament aber noch etwas von der heute üblichen Liste ab. Gregor von Nazianz listet in einem Gedicht alle Bücher des heutigen Neuen Testaments bis auf die Offenbarung des Johannes auf. Die dritte Synode von Karthago, eine lokale Synode, die nur für den Bereich Nordafrika sprach, erkannte 397 den Kanon an (46 Schriften aus dem Alten, 27 aus den Neuen Testament) und verbot, andere Schriften im Gottesdienst als göttliche Schriften zu verlesen. - ‘Gleichwohl ist es erstaunlich, mit welcher Treffsicherheit die damalige Kirche im ganzen die wesentlichen und auch zuverlässigsten Schriften in den Kanon aufgenommen hat. Es gibt schwerlich eine andere Schrift, deren Aufnahme in den Kanon man nachträglich wünschen möchte.’ (Bernhard Lohse: Epochen der Dogmengeschichte. 5. Auflage. Kreuz, Stuttgart/Berlin 1983, ISBN 3-7831-0702-4, S. 37.)“
Wenn daher die Gläubigen in den ersten christlichen Jahrhunderten zunächst überhaupt keine Schriften des Neuen Testamentes kannten; wenn sie dann etwas später teilweise nur einige wenige dieser Schriften hatten bzw. Zugang zu ihnen finden konnten; wenn sie schlussendlich teilweise auch nicht sicher sein konnten, welche der für sie verfügbaren Schriften nun tatsächlich als inspiriert zu gelten hatten und welche nicht, dann ist dies das beste historische Argument z.B. gegen die einseitig übertriebene Art der Protestanten, die Bibel insofern einseitig zu verabsolutieren, dass sie über alles andere gestellt werde und als die einzige Quelle des Wissens gelte. (Wird ja dann von den Protestanten zugleich auch die Kirche als solche bzw. die Notwendigkeit ihrer Existenz geleugnet.) Es ist also widersprüchlich und entbehrt einer jeglichen gesunden Logik, zwar auf die Bibel zu schwören, dabei aber nicht erkennen bzw. zugeben zu wollen, dass die einzelnen Schriften des Neuen Testamentes schlicht und ergreifend Schriften der katholischen Kirche sind!
Und wie vernünftig ist es dann, wenn man einerseits zwar die Schriften der katholischen Kirche bejaht, andererseits aber sagt, man brauche die Kirche entweder grundsätzlich nicht oder bedürfe prinzipiell nicht deren Vermittlertätigkeit bei der Erlangung des Heils in Jesus Christus? Man ähnelt da einem Menschen, der absurderweise behaupten wollte, er verdanke sein Leben überhaupt keiner Mutter - das Menschengeschlecht käme viel besser und grundsätzlich ohne Mütter aus!
Ja, man kann in der Bibel lesen und daraus viel über Jesus und Seine Lehre erfahren. Nur hat man nicht selten auch Schwierigkeiten, diese oder jene Stelle richtig zu verstehen. Zwar schwören alle Protestanten auf die Bibel. Nur wie ist es zu erklären, dass sie sich seit ihrer Abkehr bzw. seit ihrem Abfall von der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche seltsamerweise in unzählige Denominationen aufgespalten haben? Wie konnte es dazu kommen, dass jeder der Protestanten die Bibel praktisch auf seine eigene Art und Weise auslegt, wenn sie alle ja nichts größeres als die Bibel kennen und anerkennen wollen?
Das kommt daher, dass sie zwar formal den (toten) Buchstaben der Bibel annehmen, es aber gleichzeitig ablehnen, den inneren Geist dieser Buchstaben zu beherzigen, in welchem diese nämlich von ihren Autoren geschrieben worden sind! Denn wie man einem Buch nur dann gerecht werden kann, wenn man auch gewissenhaft berücksichtigt, welche konkrete - der an sich vielleicht möglichen - Interpretationen der betreffende Schriftsteller mit seinem Werk verbindet, so kann man auch die Heilige Schrift nur dann richtig verstehen, wenn man sie im Sinne der konkreten Autoren dieser einzelnen Schriften bzw. im Geiste der Kirche liest, die als Urheberin dieser Schriften gilt!
Das Problem des Protestantismus besteht ja gerade darin, dass da praktisch jeder etwas nach eigenem Geschmack hinein projeziert, dabei aber versäumt, die entscheidende Frage zu stellen, welche genaue Aussage die betreffenden Apostel und Evangelisten damit tätigen wollten, welche ja alle Katholiken waren und unerschütterlich zur Kirche, zu der von Jesus Christus gestifteten Heilsinstitution, hielten! Denn die Apostel und Evangelisten haben mit der Niederschrift eines Teiles ihres Wissens um das Heilswirken Jesu ihren Zuhörern in der mündlichen Katechese auch erklärt, wie genau bzw. in welchem Sinn ihre geschriebenen Worte unbedingt verstanden werden wollen und sollen. Und auch dieses Wissen wird in der katholischen Kirche von Generation zu Generation weitergegeben - ihre lebendige Tradition!
Kirche heilig? Ein dritter Einwand, der oft gegen die katholische Kirche als solche vorgebracht wird, ist, dass in ihrem Namen ja viel Unrecht im Lauf der Geschichte begangen wurde und sie somit wohl kaum als “heilig” bezeichnet werden könne. So werden dann in diesem Zusammenhang die Kreuzzüge, die Hexenverbrennungen, die Inquisition und noch vieles andere genannt.
Wegen der ganzen Flut von aggressiven Vorwürfen seitens bestimmter Kreise an die Adresse der katholischen Kirche als solcher soll man wohl ein richtig schlechtes Gewissen bekommen, weil man Katholik ist, wobei diese Rechnung bei nicht gar so wenigen tatsächlich aufzugehen scheint. Dies trägt wohl ebenfalls dazu bei, dass so manche der nominellen Katholiken den Eindruck erwecken, als würden sie sich auch ihrer Kirchenzugehörigkeit schämen. Ist denn nicht auch die Bereitschaft so vieler “Päpste”, “Bischöfe” und “Priester” der Konzilskirche, sich bei jedem und allem immer nur für das Unrecht der Katholiken zu entschuldigen (ohne dabei auch das nicht geringe Unrecht der Partner im so genannten “interreligiösen Dialog” entsprechend anzusprechen), dadurch zu erklären?
Wenn man allein die Zahl und die für die einfache Bevölkerung furchtbaren Folgen der Kriege in Betracht zieht, die allein im Lauf der letzten 1-2 Jahrzehnte vom gegenwärtigen sich für einen politischen “Weltpolizisten” und eine Art oberster moralischer Instanz haltenden Staatenbund (USA, Israel, Großbritannien, Frankreich usw.) mit offenkundigen Lügen und böswilligen Tricksereien und eben im Namen der Demokratie, der Freiheit und der Menschenrechte (wie es da pathetisch und medienwirksam heißt) angezettelt worden sind, würde man nun erwarten, dass dieselben Leute, die den Katholizismus als solchen fast nur noch mit Bosheiten verschiedenster Art in Verbindung bringen, nun auch am demokratischen System als solchem harsche Kritik grundsätzlicher Art üben. Denn da sind ja mindestens genauso viele Verbrechen im Namen eben dieser “Demokratie” und der so genannten „Freiheit“ und “Menschenrechte” begangen worden, wie im Namen des Katholizismus!
Nein, sagen dieselben Kirchenkritiker, das seien alles Verbrechen von Menschen, die sich zwar für Demokraten halten bzw. zu Demokraten zählen, aber leider dennoch nicht nach den betreffenden richtigen Prinzipien handeln. Das sei der Demokratie selbst bitte nicht anzulasten - sie als solche sei nach wie vor großartig und enthalte in sich die Lösung der meisten politisch-gesellschaftlichen Konflikte auf unserer Erde.
Nun, nach genau demselben Grundsatz darf man dann aber bitte auch nicht der katholischen Kirche an sich ohne weiteres jedes Unrecht anlasten, welches ihre jeweiligen einzelnen Mitglied (in eigener Verantwortung!) eventuell begehen. Mal ganz abgesehen davon, ob denn überhaupt alle heute vom liberalen Establishment gegen die katholische Kirche vorgebrachten Vorwürfe tatsächlich einer sachlichen und undemagogischen historischen Überprüfung standhalten oder nicht, muss vordergründig gefragt bzw. unterschieden werden, was denn Jesus und der Katholizismus auf der einen Seite an sich lehren bzw. zu welchem Denken und Verhalten sie uns alle aufrufen, und was auf der anderen Seite der einzelne Mensch aufgrund der eigenen Willensfreiheit und sittlichen Unzulänglichkeit daraus macht bzw. ob er dem sittlichen Gebot Jesu lebensmäßig entspricht oder nicht!
Die katholische Kirche besteht ja bekanntlich aus Menschen. Ebenfalls allgemein herumgesprochen hat sich ja, dass der Mensch kein moralisch vollkommenes Wesen ist, sondern aufgrund seiner sittlichen Schwächung auch Fehler macht bzw. Sünden begeht. “Sünde” bedeutet ja nach katholischem Verständnis ausdrücklich die Übertretung, die Nicht-Einhaltung eines der Gebote Gottes oder der Kirche! Somit ist es nicht verwunderlich, dass leider auch die Glieder der katholischen Kirche sündigen und dadurch den anderen Menschen bisweilen sogar ein großes Ärgernis geben. Warnt uns ja Jesus auch ausdrücklich wie eindringlich davor, den Mitmenschen einen Grund zum Anstoß bzw. einen “Anlass zur Sünde” zu geben (vgl. Mt 18,6-11).
Somit wird man aufgrund der allgemeinen Erfahrung wohl auch weiterhin davon ausgehen müssen, dass auch die Menschen, die sich zur katholischen Kirche bekennen, Fehler machen und Sünden begehen werden. (Das trifft dann übrigens genauso auch auf die lautstärksten “Demokratie-” und “Menschenrechtsapostel” usw. zu!) Und wie z.B. die Tatsache, dass der Apostel Judas Jesus für 30 Silberlinge elendig verraten und der Apostel Petrus Jesus dreimal verleugnet hat, nicht dem von Jesus eingesetzten Apostelamt dessen tieferen Sinn raubt, so kann auch der katholischen Kirche als solcher durch letztendlich keine Sünde eines ihrer Mitglieder hier auf Erden ihre ihr von Gott zugedachte Daseinsberechtigung genommen werden!
Zumal wir nicht vergessen dürfen, dass die katholische Kirche nicht einfach nur die Summe aller ihrer Einzelmitglieder ist, sondern von Jesus Christus als eine solche Heilseinrichtung gegründet wurde, die den Menschen - nach Seiner eigenen Himmelfahrt - die Gnade Seiner Erlösung, die übernatürliche Gemeinschaft mit Gott und das ewige Leben vermitteln soll!
Wenn z.B. ein Kind getauft wird, dann wird ihm ja nicht nur die Erbsünde vergeben, sondern darüber hinaus auch die heiligmachende Gnade eingegossen. Es wird im engeren Sinn zum Kind Gottes, zur neuen Schöpfung in Gott! Bei der Firmung wird dem Menschen bildlich gesprochen das Samenkorn der Sieben Gaben des Heiligen Geistes in die Seele hineingelegt, damit wir durch die Mitwirkung mit der unverdienten göttlichen Gnade die ganze Wirkung der Gegenwart des lebenspendenden Heiligen Geistes zur Entfaltung bringen und uns dann darin erfreuen!
Wohl einem jeden ernsthaften Priester ist es schon bewusst geworden, wie unwürdig er ist, den Menschen im Namen des Dreifaltigen Gottes die Sünden nachzulassen! Er selbst ist ja ebenfalls sittlich unzulänglich. Aber dennoch erfährt ein reuiger Sünder im Beichtsakrament die echte und wahre Versöhnung mit Gott, die so sonst durch nichts erlangt werden kann. Dabei wird die Wirkung dieses und eines jeden anderen Sakramentes ausdrücklich in keinster Weise durch den Umstand gemindert, dass der jeweilige Sakramentenspender selbst ebenfalls alles andere als vollkommen ist.
Die Heiligkeit der Kirche kommt auch dadurch zum Ausdruck bzw. Vorschein, dass ihre Priester in Entsprechung zum ausdrücklichen Auftrag Jesu das Heilige Messopfer feiern und darin auch die Konsekration von Brot und Wein in den heiligsten Leib und das kostbarste Blut Jesu Christi vollziehen. Auf diese Weise nimmt jeder andächtige Messbesucher Anteil an der Himmlischen Liturgie, die ununterbrochen in der Ewigkeit des Himmels stattfindet und bei welcher Christus “nunmehr vor dem Angesichte Gottes für uns” eintritt (vgl. Hebr 9,24), bzw. er erhält auch einen wirksamen Anteil an der Sühne Christi, die Er am Kreuz zu unserem Heil gewirkt hat!
Und wenn man die Worte Jesu bedenkt: “Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag” (Joh 6,54), wie soll man da nicht sehen, welchen erhabenen Auftrag die Kirche von ihrem Gründer erhalten hat, welcher segensreichen Tätigkeit sie nachgehen soll! (Ähnliches gilt natürlich auch für die übrigen Sakramente.)
Ja, die Kirche ist jene Heilsinstitution, die unabhängig von der Tatsache der Sündhaftigkeit ihrer Mitglieder die (mannigfache Wunden der Seele heilende) Gnade des liebenden und sich erbarmen-wollenden Gottes in diese gottferne Welt bringen soll. Solange sie, die Kirche, besteht und ihrem Auftrag nachgeht, erfüllt sie gewissermaßen die Funktion des fortlebenden Christus, der in unserer Mitte weilt und Seine segnende Hand über uns ausbreitet. Die Kirche gleicht da einer Mutter, die ihren Kindern sowohl grundsätzlich das Leben schenkt als auch durch ihre liebende Fürsorge und Hingabe dann auch weiterhin am Leben erhält!

P. Eugen Rissling

1 Lk 22,19: “Alsdann nahm Er Brot, dankte, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: “Das ist Mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu Meinem Andenken”; Mt 28,19: “So geht denn hin und macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft...”; Joh 20,22f.: “Nach diesen Worten hauchte Er sie an und sagte zu ihnen: ‘Empfanget den Heiligen Geist. Wem immer ihr die Sünden nachlasst, dem sind sie nachgelassen; wem ihr sie behaltet, dem sind sie behalten’ ”.
2 So z.B. Jesus an die Apostel in Lk 10,16: “Wer euch hört, der hört Mich; wer euch verwirft, der verwirft Mich; wer aber Mich verwirft, der verwirft Den, der Mich gesandt hat”

 

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